Kreativität verstehen und nutzen
Früher sind die Philosophen, Wissenschaftler und Gelehrten eigentümliche Wege gegangen, auf der Suche nach dem Sitz und dem Entstehen der Kreativität. Denn sie glaubten damals noch, dass Kreativität eine Gabe der Götter sei. Menschen, die viel Kreativität besaßen, wurden als Genies verehrt und konnten sich ihrer Bewunderung sicher sein. Die Psychologen der heutigen Zeit gehen jedoch davon aus, dass jeder Mensch dieses Potenzial besitzt und es mit einem entsprechenden Training steigern und nutzen kann. Das bedeutet für Sie, je häufiger Sie dieses Potenzial im Alltag nutzen und je mehr Sie es fördern, desto mehr Spaß wird Ihnen Ihre tägliche Arbeit bereiten.
Was zeichnet kreative Menschen aus?
Die meisten der kreativen Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer gelassen bleiben, egal, wie schwer durchschaubar oder mehrdeutig die Situation oder Aufgabe ist, die sie zu meistern haben. Kreative Menschen werden nicht so schnell vom Chaos in Aufregung und Hysterie versetzt. Ganz im Gegenteil, sie profitieren eher davon, da solche Situationen ihnen Anreize für neue Ideen bieten. Diese Menschen haben Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und legen ihren Fokus demnach nur auf Dinge, die ihnen wichtig sind. Vor allem arbeiten sie stets an ihren neuen Ideen und nehmen diese ernst, sodass die Kreativität wie von selbst hervorsprudelt.
Verständnis über die Wirkungsweise der Kreativität
Die Kreativität an sich lässt sich nur ungenügend erklären oder exakt definieren, dafür können Sie aber ihren schöpferischen Prozess wahrnehmen, entwickeln und erleben. Um einen einfacheren Zugang zu Ihrer schöpferischen Ader zu erhalten, kann Ihnen das Verständnis der Denkprozesse helfen, die sich während eines kreativen Prozesses in Ihrem Gehirn abspielen. Mit dem Wissen über die Wirkungsweise der Kreativität können Sie Ihre Talente verstärken und damit gleichzeitig eine neue Art von Selbstvertrauen aufbauen. Vor allem können Sie damit in Bereichen kreativ sein, in denen Sie bisher noch nie einen Schritt hineingewagt haben.
Vierphasenmodell nach Wallas
Aus den 20er Jahren stammt eine Analyse des kreativen Denkprozesses, die Ihnen eventuell helfen kann, die Wirkungsweise der Kreativität zu verstehen. Der britische Soziologe Graham Wallas behauptete zu jener Zeit, dass sich jedes schöpferische Handeln in vier Abschnitte gliedern lasse: Vorbereitung, Inkubation, Eingebung und Verifizierung. Die grundlegenden Beobachtungen für dieses Vierphasenmodell des kreativen Prozesses stammten damals vom französischen Mathematiker Henri Poincaré und vom deutschen Physiologen und Physiker Hermann von Helmholtz. Graham Wallas hat seine systematische Theorie auf diesen Beobachtungen aufgebaut und mit eigenen Thesen untermauert.
Vorbereitung:
Tiefgehende Kreativität basiert auf dem umfassenden Verständnis von dem, was Sie tun möchten. Das bedeutet, dass Sie das Problem als solches erkannt haben und sich darauf einstimmen. Sie sammeln Informationen und bauen sich Wissen auf. Achten Sie aber darauf, dass sich durch fachliche Kompetenz keine Barrieren aufbauen und Sie an alten Verfahren oder Denkstrukturen festhalten, da Sie sonst in Ihrer Routine stecken bleiben. In der Vorbereitungsphase sollten Sie bereit sein, Altbewährtes über Bord zu werfen und intensiv nach neuen Lösungen zu suchen. Damit können Sie später kreative Lösungsansätze entwickeln.
Inkubation:
Graham Wallas war der Ansicht, dass kreatives Denken zwar bewusst ausgelöst wird, aber erst im flexibleren Unterbewusstsein heranreifen muss, damit sein volles Potenzial erreicht und ausgeschöpft werden kann. In dieser Phase reift sozusagen die kreative Schaffenskraft erst richtig heran. Allerdings fühlen sich manche in dieser Kreativitätsphase schlecht, da sie glauben, das anstehende Problem niemals lösen zu können. Doch Alltagserfahrungen bestätigen, dass gerade Schwierigkeiten, die auf den ersten Blick unüberwindbar erscheinen, sich manchmal von selbst auflösen, wenn sie nicht ständig im Fokus des Denkens stehen. Das heißt konkret: Nicht ständig über ein Problem nachzudenken oder sich darin zu verbeißen kann helfen, der Lösung schneller näher zu kommen.
Eingebung:
In dieser Phase findet ein von Psychologen als Aha- oder Heureka-Erlebnis bezeichneter Vorgang statt. Sie kennen das sicher auch, Sie sind mit einem ganz anderen Problem beschäftigt, und plötzlich ist die Lösung für eine andere Aufgabe da, die Sie schon längst nicht mehr beachtet haben. Dieses Vorgehen wird auch oft als Geistesblitz beschrieben, da spontan und blitzartig der Lösungsansatz aus Ihrem Unterbewusstsein auftaucht. Häufig ist diese Eingebung von großem Selbstvertrauen und von dem unumstößlichen Gefühl begleitet, dass genau diese Lösung die einzig wahre und richtige ist.
Verifizierung:
Diese Phase wird auch Gestaltungsphase genannt, da die Lösung erst durch Überprüfen und Bewerten richtige Gestalt annimmt. Denn auch wenn eine Lösung im ersten Augenblick als brillant und richtig erscheint, muss sie auch in der Praxis Bestand haben und durchführbar sein. Zum Beispiel können Sie Ihre Lösung schriftlich festhalten, um sie zu analysieren und auf praktische Durchführbarkeit zu überprüfen. – Darüber hinaus war Graham Wallas damals überzeugt, dass Menschen, die ihre Kreativität am Ergebnis messen, ihre Leistungen noch weiter steigern können und damit noch kreativer werden.
Kreativität - eine Frage der Zeit
Neben der Unabhängigkeit des Denkens und der Risikobereitschaft zur Kreativität ist auch die Zeit ein wichtiger Schlüssel zum Lösen von Problemen und Aufgabenstellungen. Nehmen Sie sich also immer genügend Zeit für Aufgaben oder Situationen, mit denen Sie konfrontiert werden, auch wenn das im Alltag oft sehr schwierig ist. Denn es ist die Zeit, die Sie Ihre eigenen kreativen Denkweisen und Fähigkeiten erkennen lässt. Halten Sie aber nicht an Problemen verbissen fest, sondern nehmen sich einfach etwas Zeit für sich selbst und lauschen Ihrer Intuition, damit die Kreativität ihr auf dem Fuße folgen kann.