Dynamischer Agroforst in Bolivien mithilfe von Naturefund

Verfasst von: Sylvia Haendschke
Blick auf die Hänge des Nationalparks Tunari
Blick auf die Hänge des Nationalparks Tunari  Bild: Naturefund
Ursprünglich sollte der Nationalpark Tunari in Bolivien die bewaldeten Hänge der Kordilleren schützen. Leider ist dies nicht gelungen. Heute ist der Boden der Südhänge stark degradiert und die Wälder sind völlig abgeholzt. Die Folgen sind Schlammlawinen in der Regenzeit und ausgedörrte Böden in der Trockenzeit. Seit 2014 unterstützt Naturefund in Zusammenarbeit mit dem lokalen Partner AGRECOL Andes die ansässigen Bauernfamilien, ihre Landwirtschaft auf dynamischen Agroforst umzustellen, damit wieder Wälder entstehen.

Der Naturefund e.V. begann im Sommer 2014 gemeinsam mit AGRECOL Andes, Bauernfamilien bei der Umstellung auf dynamischen Agroforst in Cochabamba zu unterstützen und damit essbare Wälder anzubauen. Schon wenige Monate später erholte sich der ausgedörrte Boden mithilfe dieser umweltbewussten Anbaumethode und die Erträge der Bauern stiegen wieder an. Benachbarte Bauernfamilien sowie umliegende Gemeinden beobachteten diese gute Entwicklung des Gebietes und entschlossen sich, ihre Anbaumethoden ebenso auf dynamischen Agroforst umzustellen. Deshalb startete Naturefund eine zweite Phase des Projektes im August 2015 mit dem Ziel, bis Dezember 2016 13.000 Bäume zu pflanzen.

Dynamischer Agroforst

Die auf dem Wissen der indigenen Völker Lateinamerikas basierende Methode mit der Bezeichnung dynamischer Agroforst wurde in den 1990er Jahren vom DED (Deutscher Entwicklungsdienst) gefördert und immer weiter entwickelt. Aufgrund der positiven Ergebnisse wurde 2001 der Forschungsbetrieb Mollesnejta im Hochland von Bolivien gegründet, mit dem Naturefund heute sehr eng zusammenarbeitet. Die Forschungstätigkeit von Mollesnejta hat das Ziel, unter den dortigen schwierigen Anbaubedingungen auf 2800 m Höhe eine optimale Kombination von essbaren Pflanzen zu finden, die mit praxisnahen und einfachen Pflegemethoden für die dortigen Menschen zu einer Vielfalt an Landwirtschaftsprodukten führen.

Mollesnejta im Tal von Cochabamba (Bild: Noemi Stadler-Kaulich Naturefund)

Da eine dynamische Agroforstparzelle aus verschiedenen einheimischen Bäumen und Büschen, Fruchtbäumen und unterschiedlichen landwirtschaftlichen Kulturen besteht, entsteht ein geschlossener Nährstoffkreislauf. Dieser imitiert einen Naturwald, in denen die Pflanzen unterschiedliche Funktionen besitzen. Tiefwurzler beispielsweise saugen das Wasser aus tieferen Schichten. Damit sorgen sie für eine gute Bodenfeuchtigkeit. Die Pflanzen, vor allem die Bäume, erhalten einen regelmäßigen Rückschnitt. Das Schnittgut bleibt auf dem Boden, sodass dieser stets mit einer Mulch- und Laubschicht bedeckt ist. Damit wird der Boden vor Austrocknung geschützt. Diese Schicht zersetzt sich nach und nach und wertvoller Humus entsteht, sodass sich der Humusanteil im Boden signifikant erhöht. Die Kombination aus Pflanzenvielfalt und steigendem Humusgehalt führt zu einem natürlichen Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen und fördert somit insgesamt die Pflanzengesundheit.

Einige Pflanzen übernehmen dabei sogar eine Art Ammenfunktion für die landwirtschaftlichen Kulturen wie zum Beispiel Gemüse, Kartoffeln, Mais und Obst, indem sie ihnen Biomasse und Mulch liefern, vor starkem Regen, Hagel und Wind schützen und ihnen notwendigen Schatten spenden. Gleichzeitig fördern sie die Bodenfruchtbarkeit aufgrund ihrer Stickstoff- und Humusanreicherung. Die tiefgründige Bodendurchwurzelung, die dichte Belaubung und die gute Mulchschicht wirken der Bodenerosion entgegen. Dadurch wird die Auswaschung der Nährstoffe verhindert. Ebenso kann der Boden nicht austrocknen. Bewässerung ist kaum noch nötig. Auch werden Pestizide aufgrund der Artenvielfalt überflüssig. Eine Produktdiversifizierung und erhöhte Erntemengen werden möglich.

Naturefund möchte bis Dezember 2016 nun 50 Bauernfamilien in vier Regionen bei der Umstellung auf dynamischen Agroforst unterstützen. Dafür sollen 13.000 Baumsetzlinge gepflanzt werden. Ein Baum speichert hier durchschnittlich 400 kg Kohlendioxid. Es konnten schon weitere Partner wie das Frauennetzwerk CETM, die staatliche Forstschule ESFOR, die Universidad Católica Boliviana San Pablo (UCB) in Cochabamba, die Granja Pairumani (einzige biodynamische Farm in ganz Bolivien) sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Deutschland dazu gewonnen werden. Wer das Projekt ebenso gern unterstützen möchte, findet auf http://www.naturefund.de/projekte/alle_projekte/gepflanzte_baeume/aufforstung_bolivien.html weitere Informationen.

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Artikelsignatur: Sylvia Haendschke | Autoren-Ressort: quantenatem.reporters.de
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